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Schafe auf der Durchreise - Druckversion

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Schafe auf der Durchreise - Lilli - 28.12.15

Weihnachten ist vorbei, das Nachweihnachtsessen aufgegessen - ein schöner Zeitpunkt zum Gschichtenerzählen.

Die Gschichte spielte kurz vor Heilig Abend. Da sah ich am Nachmittag die Schafe mit Schäfer, wollte die Kamera zücken, aber dann sah ich, dass sie sich bereits über den Kiesplatz ergießen wollten. Also nichts wie raus und sie zurück auf die Wiese treiben.

Der Schäfer ist neu, erst zum 2. mal hier, der alte ist in Rente. Letztes Jahr gab es noch Zäune, da waren die Kühe noch da. Aber weil sie fort sind, haben wir die Zäune zum größten Teil entfernt, auch weil sie auf unserem Grundstück standen und nicht an der Grenze. Nur haben wir dabei nicht an die Schafherde gedacht, die einmal im Jahr hier durchzieht. Der Schäfer wiederum erst recht nicht, er kannte alles noch nicht so richtig, und letztes Jahr gab's ja kein Problem.

Aber er hatte 4 Hunde. Drei haben ihre festen Aufgaben und der 4. wird grad ausgebildet, damit der älteste auch irgendwann in Rente gehen kann. Einer läuft die "Furche" ab, grade Strecken wie sie hier nötig waren. Der wurde sofort losgeschickt durch die Allee und sicherte Allee (mit den Narzissen, die schon rauskommen) und Kiesplatz. Der 2. kreist die Schafe ein zu einem Pulk, wenn's nötig wird, und der 3. passt auf beim Überqueren von Straßen.

Der neue Schäfer gefällt mir besser als der alte. Der alte kam mit seinen Hunden nicht klar. Manchmal schliefen sie irgendwo, während ich Nöte hatte, die Schafe, die schon von hinten auf's Grundstück kamen, vom Garten fernzuhalten. Viel schlimmer war aber, dass einer immer die Lämmer gebissen hat, so dass die meisten humpelten und wenn's schneller voranging, kaum mehr hinterherkamen auf ihren 3 Beinchen. Das war kaum mitanzusehen.

Jetzt humpelt keins der Lämmer mehr, allen geht es gut und auch die Schafe samt Hunden machen einen viel besseren Eindruck.

Als ich kam, hielt der Schäfer die Hunde kurz an der Kette bei sich. Er konnte ja nicht wissen, dass schon als Baby Hunde auf mich aufgepasst haben und ich keine Angst vor Hunden kenne. Wie immer hielt ich den Abstand, den Hund und Mensch erstmal brauchen, sprach mit ihnen und schaute mir die Reaktion an. Die war: nicht zurückweichen, nicht direkt kommen, sondern wegschauen (aber immer nur, wenn ich geschaut habe), also erstmal keine. Also ließ ich sie in Ruhe und sprach mit dem Schäfer. So in Ruhe gelassen beschnüffelten mich sogleich 2 Hundeschnauzen und eine kam an meine Hand, ich ließ sie schnuppern, berührte sie und sie wurde gern gestreichelt. Das war die von Heidi. Der Schäfer schaute nur und sagte nichts, war offenbar sprachlos.
Erst am nächsten Tag, als Heidi gleich auf mich zukam und schmuste, sagte er, das kann einfach nicht wahr sein. Heidi lässt sich von keinem Menschen anfassen außer von ihm. Nicht einmal von seiner Frau. Als er ihr das am Abend erzählt habe, wollte sie es nicht glauben.

Das ist Heidi:

[Bild: d50wumig7furg3flu.jpg]

Am nächsten Vormittag kam er zurück.

[Bild: d50wvu64337dv0l36.jpg]

[Bild: d50wwmxepy5du0laa.jpg]

[Bild: d50wxa3y69oqzl32a.jpg]

[Bild: d50wy1psay833ykzm.jpg]

[Bild: d50wyvstjr43nfide.jpg]

[Bild: d50wzkq67ne7axr5u.jpg]

Der "Furchen"hund wurde mit Anweisung losgeschickt und es betrat kein Schaf mehr die Allee oder den Kiesplatz.

[Bild: d50x7b6hrb5xdz6pu.jpg]

Irgendwann war dort aber kein Schaf mehr, sie waren alle ein Stück weiter. Der Hund sah das wohl, schaute nach dem Schäfer,

[Bild: d50x8eydk8qnw2qbm.jpg]

kurze Pinkelpause,

[Bild: d50x9gzgq97f8gzwi.jpg]

aber von dort kam keine Reaktion. Also galt die Anweisung und er machte sich wieder auf den Weg zum Tor. Erst beim nächsten mal kam der Pfiff, der hieß: Aufgabe erledigt und er kehrte zum Schäfer zurück.

Inzwischen war ich unter den Schafen und plötzlich gab es Aufregung und kamen sie angaloppiert.

[Bild: d50xi4ccv8hjpn4xu.jpg]

Falscher Alarm, sagte der Schäfer. Das war Übereifer vom jungen Azubi, der kann's noch nicht.
Erst später wurden sie vom Zusammentreiber zusammen- und ein Stück weit nach hinten getrieben.

Ich war vor ihnen gestanden, sie störten sich nicht an mir, kamen auf mich zu und plötzlich war ich ganz nah umringt von 1000 Schafen.

[Bild: d50xj0vm7c5o5ao5e.jpg]

[Bild: d50xjtencs03ok8ua.jpg]

[Bild: d50xknw4leid8zqo2.jpg]

GG sah das vom Balkon aus, fand das Bild überwältigend und hatte vor lauter Faszination vergessen, es zu fotografieren.

Die Hunde hatten jetzt frei und mussten auch nicht mehr wegen mir an die Kette. Ich hätte ja gedacht, der Furchenläufer hätte sich müde gelaufen, aber kein Stück. Er lieferte sich jetzt zur Erholung Wettrennen mit Heidi.

[Bild: d50xuszien65wff0i.jpg]

[Bild: d50xvrepbnlv6uj0i.jpg]

Die Schafe scheinen den Unterschied zwischen Freizeit- und Arbeitsrennen der Hunde genau zu kennen. Auf das Furchenlaufen hatten sie genau geachtet, am Freizeitwettrennen hingegen nahmen sie keine Notiz.

Nur der Älteste zog ein Schläfchen vor.

[Bild: d50xwqg1htr4cu18i.jpg]

Was mich an dieser Herde schon im letzten Jahr fasziniert hatte, war, dass Ziegen darunter waren, weiße Ziegen vor allem, und ich liebe Ziegen, vor allem deren Augen. Aber letztes Jahr waren sie nur hinten und nicht auf der Wiese neben der Allee und es waren Zäune dazwischen. So kam ich nicht so recht an sie heran. Dieses Jahr aber, ganz nah.

[Bild: d50y7gxkk7ddnz7wi.jpg]

[Bild: d50y8f5krhpb1xmma.jpg]

[Bild: d50y98pomktotjo3m.jpg]

[Bild: d50y9xxrplntq3y6a.jpg]

Auch Ziegenböcke waren dabei.

[Bild: d50yarpo1scmevzya.jpg]

Zum Schluss noch ein Pläuschchen übern Gartenzaun mit GG. Der mag schon Tiere, hält aber doch lieber ein bisschen Abstand und hat gern einen Zaun dazwischen.

[Bild: d50ylj0upn4s80n9e.jpg]

Den gut aussehenden Schäfer musste ich leider etwas verunstalten, denn ich hatte vergessen zu fragen, ob ich das Foto veröffentlichen darf.

Es wurde schnell noch etwas zur Vermehrung getan

[Bild: d50ymhq0ynoc3hpdu.jpg]

und dann zogen sie weiter.
Das war auch gut so, denn ich hatte noch ein bissel was zu tun, hatte das aber ganz vergessen mitten unter den Schafen, Ziegen und Hunden.

Liebe Grüße, Lilli



RE: Schafe auf der Durchreise - Martin - 28.12.15

Toll! Ich finde solche Schafherden auch immer faszinierend. In meiner Kindheit kamen auch ab und zu welche bei meinem Elternhaus vorbei, aber ich hab schon seit vielen Jahren hier keine mehr gesehen. Wanderschäferei ist auch bei uns sehr selten geworden, was mit an der Intensivlandwirtschaft liegt, die auch hier praktiziert wird. Schade drum.


RE: Schafe auf der Durchreise - Unkrautaufesserin - 28.12.15

Lilli, das ist eine wunderschöne Geschichte. :heart: Danke, daß Du sie uns erzählt hast.

Ziegen laufen aus mehreren Gründen in der Schafherde mit.

Erstens sicherten sie dem Schäfer in früheren Zeiten das Getränk. Der Schäfer war oft weit von der Zivilisation auf sich gestellt, und Gewässer sind nicht immer sauber. Die Milch aus der Ziege ist dagegen immer trinkbar. Und Schafe laktieren nur 3 Monate, die Ziege dagegen kann man 12 Monate melken.

Zweitens zeigt die Ziege den Schafen, was auf der Weide freßbar ist. Ich habe das bei meinen Schafen gemerkt, was sie nicht kennen, fressen sie nicht. Meine kannten keine Äpfel und keinen Kohl. Den Kohl fressen sie immer noch nicht, Äpfel haben sie auf ihrer Weide gefunden und schließlich doch mal gekostet...
Wenn aber ein anderes Tier etwas frißt, dann wollen Schafe das auch fressen.

Und drittens gibt es Pflanzen, die Schafe immer stehenlassen. Brennesseln und junge Eichen, Brombeeren etc. Die Ziegen fressen auch so etwas, und dienen damit der Weidepflege. Denn das, was übrigbleibt, kann sich vermehren, und wenn irgendwann die Brombeeren alles überwuchern, ist kein Gras mehr da für die Schafe. Also halten die Ziegen die Weide sauber fürs nächste Jahr.

Die weißen Ziegen sind wahrscheinlich Weiße Deutsche Edelziegen

Liebe Grüße, Mechthild


RE: Schafe auf der Durchreise - Lilli - 28.12.15

Hallo Martin,

ich dachte, auf der Alb gibt's noch viele Schafherden, aber offenbar woanders.
Hier haben sie ihren Sommerstandort in einem großen Naturschutzgebiet in der Eifel. Im Winter wandern sie dann, offenbar in einem großen Umkreis, denn die Eifel ist schon ein Stück weg.

Der letzte Schäfer hatte einen Esel dabei, den haben wir immer mit Möhren gefüttert. Esel waren hier früher anscheinend üblich, die hatten die Zäune getragen für die Nacht-Einzäunung. Heute kommen die Schäfer aber überall nah genug mit dem Auto hin, so dass auch Sam, der Esel, nichts mehr tragen musste.
Die Ziegen hat er wohl, weil es immer mal vorkommt, dass ein Schaf keine Milch gibt. Dann werden die Lämmer von den Ziegen versorgt.

Liebe Grüße, Lilli


RE: Schafe auf der Durchreise - Lilli - 28.12.15

Oh Mechthild, jetzt hab ich ja die Ziegenfrage beantwortet, bevor ich deine Erklärungen gelesen habe tongue . So jedenfalls hatte der Schäfer es GG erklärt.

An dich musste ich dabei auch denken. Irgendwann sind's vielleicht auch 1000 Schafe :tongue1: .

Liebe Grüße, Lilli


RE: Schafe auf der Durchreise - Unkrautaufesserin - 28.12.15

Nee, ganz bestimmt nicht :laugh:
Für 5 Mamas und ihre Lämmer reicht das Futter. Mehr dürfen es nicht werden...:noidea:

Ja, die Verwendung als Amme ist auch ein Grund für Ziegen. Das war mir gar nicht eingefallen, aber jetzt, wo Du es schreibst, klingelt es wieder bei mir.

Ich war im Herbst in einer Schäferlaufstadt zu Besuch, und habe mich dort mit dem Museumsführer 3 Stunden gut über Schafe unterhalten. :angel: Da hatte ich ja schon eine Menge gelesen, aber er konnte mir viele Sachen historisch erklären.

Liebe Grüße, Mechthild


RE: Schafe auf der Durchreise - Martin - 28.12.15

(28.12.15, 00:57)Lilli schrieb:  Hallo Martin,

ich dachte, auf der Alb gibt's noch viele Schafherden, aber offenbar woanders.

Hallo Lilli,

Auf der Alb gibt's die noch. Ich lebe zwar im Ostalbkreis, aber nicht auf der Alb, sondern im dicht besiedelten Remstal. Früher kamen Wanderschäfer auch hier vorbei auf dem Weg zu den Winterweiden im unteren Remstal, aber inzwischen haben sich dort die Siedlungs- und Gewerbeflächen stark ausgedehnt und die Landwirtschaft soweit intensiviert, daß kaum mehr Weideflächen vorhanden sind, die für solch große Herden groß genug sind. Ich hätte ja selbst gern ein paar Schafe, aber dafür ist mein Garten zu klein...

Liebe Grüße, Martin


RE: Schafe auf der Durchreise - Moonfall - 28.12.15

Tolle Fotos und Erzählungen von den Schafen! Danke, Lilli! :clapping:

Sowas habe ich noch nie gesehen, diese Herden sind ja riesig. :w00t:
Und dass die Hunde genaue Aufgabengebiete haben ist mir auch neu, echt beeindruckend. Toll, dass es das überhaupt noch gibt, wer ist heute schon zu einem einsamen Beruf im Freien bereit, und wie ihr schon schreibt, die landwirtschaftlichen Flächen sind inzwischen auch anders genutzt.


RE: Schafe auf der Durchreise - gelala - 28.12.15

Danke Lilli, das war so schön in Wort und Bild.
gelala


RE: Schafe auf der Durchreise - geeseanny - 28.12.15

Eine sehr schöne Geschichte und super Bilder. Danke fürs Teilen! :-)

Wenn ich genug Platz hätte, würde ich mir einige Zwerg-Ziegen halten.